F07 – die älteste Wölfin der Schweiz
Die Lebenserwartung von freilebenden Wölfen beträgt 12–13 Jahre. F07, eine seit 2011 in der Schweiz lebende Wölfin, ist im Januar 2023 in eine Fotofalle getappt, wie der Kanton Graubünden meldete. Ihr Alter wird auf erstaunliche 13–14 Jahre geschätzt. Damit gilt sie als die älteste Wölfin des Landes. Die Geschichte von F07 gibt spannende Einblicke in die Besiedlung der Wölfe in der Schweiz.
Die Anfänge
Bis zum Alter von 1–2 Jahren, manchmal auch länger, wachsen Wölfe in ihren Familienrudeln auf. Dann wandern sie auf der Suche nach einem Paarungspartner und einem freien Territorium ab. Zum ersten Mal wurde F07 im Juni 2011 anhand einer Speichelprobe an einem Riss im Oberwallis nachgewiesen. Weitere 65 Nachweise sollten im Lauf ihres Lebens folgen. Von keinem anderen Schweizer Wolf existiert eine solch lange Datenreihe.
Im Herbst 2011 beobachtete ein Wildhüter erstmalig zwei Wölfe am Calanda-Massiv. Einige Monate später, im Mai 2012, gelang eine Beobachtung einer trächtigen Wölfin in demselben Gebiet. Im Juni 2012 wurden schliesslich zwei Wölfe im Gebiet genetisch nachgewiesen. Der Rüde wurde als M30 identifiziert. Der erste Wolfswelpe, seit der Ausrottung der Art, wurde von einem Jäger im September 2012 beobachtet und fotografiert. F07 ist bis heute im Gebiet des Calanda geblieben. In den ersten neun Jahren war sie nachweislich mit M30 unterwegs, mit dem sie das erste Wolfsrudel der Schweiz seit 150 Jahren bildete.
Herkunft
Der Rüde M30 hat im Jahr 2019 seine letzten genetischen Spuren hinterlassen. Es ist wahrscheinlich, dass er tot ist. Ob M30 und F07 zusammen in die Schweiz eingewandert sind, ist nicht gesichert, aber durchaus möglich. Die Herkunft von F07 ist nicht restlos geklärt. Dasselbe gilt für M30. Ihr einstiges Rudel existierte von 2012 bis 2019. Heute lebt am Calanda kein Rudel mehr. Einzelne Wölfe wie F07 wurden in den letzten Jahren sporadisch genetisch nachgewiesen. Im Monitoring Center von KORA können diese Nachweise eingesehen werden.
Nachwuchs und Rudelbildung
Die Reproduktion von F07 ist erstaunlich gut dokumentiert. Ganze 46 Welpen (20 Weibchen und 26 Männchen) sind auf sie und M30 zurückzuführen. Die acht Würfe sind auf die Jahre 2012 bis 2019 datiert. Bis im Mai 2019 konnten nur noch 9 der 46 Welpen lebend nachgewiesen werden. 12 waren da bereits nachweislich tot, von den anderen war der letzte Nachweis lange her. Der Nachwuchs aus der Paarung M30 und F07 hat in vier Fällen in der näheren Umgebung des Calandas eigene Rudel gegründet. Es waren alles Weibchen, welche mit Rüden aus der italienisch-französischen Population Rudel gebildet haben. So gehen folgende Rudel auf F07 zurück: Ringelspitz (von F33 gegründet, mit ihrem Tod im Jahr 2021 erlöscht), Stagias (von F31 gegründet), Muchetta (von F11 gegründet) und Kärpf (von F32 gegründet). Auch heute leben neben diesen Rudeln noch direkte Nachkommen des Calanda-Rudels als territoriale Einzelwölfe in der Schweiz: zum Beispiel M76, der seit Sommer 2017 im Gebiet Emmental/Entlebuch lebt und F18, die seit Sommer 2016 im Engadin und seit Winter 2017 im Schweizerischen Nationalpark lebt.
Die letzten Jahre
Im ehemaligen Territorium des Calandarudels haben sich auch in den Jahren 2020, 2021 und 2022 zeitweise mehrere Wölfe aufgehalten oder sind durchgewandert. Ob sich F07 mit diesen Wölfen zusammengetan hat, ist nicht belegt. Sicher ist, dass sie Ende März 2022 zusammen mit einem Wolf-Hund-Hybriden unterwegs war. Dieses Männchen (M239) wurde von der Wildhut am 31.03.2022 geschossen. Auf dem neusten Fotofallenbild des Kantons Graubünden ist sie wiederum mit einem anderen Wolf zu sehen. Gut möglich, dass das aktuelle Bild eines der letzten sein wird. Alte Wölfe verzeichnen irgendwann auf Grund von körperlichem Zerfall keinen Jagderfolg mehr und sterben. Sollte der Kadaver gefunden werden, ist es wichtig, umgehend den örtlichen Wildhüter des Amtes für Jagd und Fischerei zu benachrichtigen.
Für mehr Infos:
Ralph Manz, KORA-Mitarbeiter im Wolfsmonitoring, gab der Zeitung Südostschweiz Auskunft zu F07.
KORA-Jahresbericht (2020): Calanda-Wölfinnen gründen erfolgreich neue Rudel (S. 10).