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Zur Wirksamkeit von Wolfsabschüssen

Vom 1. September 2024 bis zum 31. Januar 2025 können die Kantone mit Zustimmung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) den Wolfsbestand präventiv regulieren. Diese Managementmassnahme kennt die Schweiz seit Dezember 2023, als sie zum ersten Mal für 2 Monate angewendet wurde. Heute interessiert man sich dafür, ob die Abschüsse Wirkung gezeigt haben – insbesondere, was die Anzahl der Nutztierrisse während des Alpsommers betrifft. Wir erläutern, warum es aus wissenschaftlicher Sicht für eine Einschätzung bezüglich Wirksamkeit noch zu früh ist.

Um die Auswirkungen der geltenden Managementmassnahmen in Sachen Wolfsregulierung wissenschaftlich fundiert analysieren zu können, ist es zu früh. Um wissenschaftlich relevante Vergleiche machen zu können, braucht es Daten von mehreren Jahren. Erst dann und unter Einbezug von Vergleichsgebieten und -Zeiträumen ist es möglich, Aussagen über die Auswirkungen der Abschüsse machen zu können. Zudem wäre ein Vergleich mit Gebieten, in welchen keine Regulationen stattgefunden haben, wichtig, um Aussagen über die Auswirkungen unabhängig von anderen Faktoren machen zu können. 

In der aktuellen Zeit scheinen Antworten auf dringliche Fragen wichtig. Jedoch muss betont werden, dass die Erarbeitung von wissenschaftlich fundierten Antworten Zeit braucht, damit genügend Daten gesammelt werden können. Das heisst beispielsweise auch, dass das Aufzeigen von Einzelbeispielen aus dem aktuellen Alpsommer anhand von Zahlen (Abschüsse in einem Rudel vs. Erhöhung/Verminderung Nutztierrisse) zurzeit wenig über die generelle Wirksamkeit der präventiven Abschüsse aussagt.

Bei einfachen Korrelationsanalysen muss man vorsichtig sein, da sie Ursache und Wirkung nicht trennen können. Man spricht hier vom Storcheneffekt. Es gibt viele unkontrollierte, potenziell verwirrende Variablen, die denselben Effekt haben könnten.
Die Situationen müssen ganzheitlich unter Einbezug von verschiedenen Faktoren (z.B. Veränderung in der Verfügbarkeit der Beutetiere, Veränderung im Herdenschutz, Aufgabe einer Alp oder Umsiedlung von Nutztieren in eine neue Region) und über einen längeren Zeitraum betrachtet und miteinander verglichen werden – nur so können verlässliche Aussagen über die Wirksamkeit der Massnahmen getroffen werden.

Die Aussagekraft von internationalen Studien auf den Schweizer Kontext ist darüber hinaus limitiert. Die Bedingungen in einem Land lassen sich nur schwer auf ein anderes übertragen, und jedes Land wendet einen eigenen Verwaltungsprozess an. Vergleiche sind daher nur begrenzt sinnvoll. Eine systematische Durchsicht der internationalen Literatur wird jedoch einen Überblick über alle relevanten Studien ermöglichen und als Grundlage für unsere zukünftigen Analysen dienen.

KORA plant die Wirksamkeit der Abschüsse in den kommenden Jahren wissenschaftlich untersuchen. Dabei sollen Erkenntnisse über den Einfluss auf Nutztierrisse, die Entwicklung der Wolfsrudel und die Akzeptanz des Wolfs in der Bevölkerung gewonnen werden. Die Ergebnisse dieser Studien sind wichtig, um die Basis für ein effektives Wolfsmanagement zu entwickeln, das sowohl die Bedürfnisse der Nutztierhalter als auch den Erhalt der Wolfsbestände berücksichtigt und damit ein konfliktarmes Zusammenleben ermöglicht.